Wir sind autistisch und das ist gut so.

Viele Lehrveranstaltungen haben am Ende des Semesters Klausuren. Hier findest du Tipps und Informationen, wie du deine Klausuren erfolgreich bewältigen kannst.

Klausuren können sich von denen in der Schule stark unterscheiden. Das gilt sowohl für die Erwartungen der Universität als auch für die Notwendigkeit, selbstständig zu lernen, um die gewünschten Noten zu erreichen.

Wie du bei deinen Klausuren abschneidest, entscheidet darüber, ob du den Kurs bestanden hast. Deshalb sollte ein großer Teil deiner Aufmerksamkeit im Studium dem Bestehen der Klausuren gelten.

Informiere dich über die Klausuren

  • Überprüfe deinen Klausuren-Plan online. Stell sicher, dass du Datum, Uhrzeit, Dauer, zulässige Materialien und Veranstaltungsort genau kennst.
  • Die meisten Klausuren finden in großen Räumen mit vielen Studierenden statt. Es kann möglich sein, einen alternativen Veranstaltungsort zu arrangieren, der kleiner und leiser ist. Es gibt einen Stichtag für Anfragen nach alternativen Prüfungsbedingungen, daher musst du sicherstellen, dass du deine Anfrage vor diesem Datum stellst.
  • Möglicherweise hast du auch Anspruch auf andere Nachteilsausgleiche. Hier findest du eine ausführliche Liste von Nachteilsausgleichen, die für autistische Studierende relevant sind. Überlege, was du brauchst und sprich mit der Beratung für Studierende mit Behinderung darüber.
  • Informiere dich so viel wie möglich über die Struktur der Klausur. Klausuren können Multiple-Choice-, Problemlösungs-, Kurzantwort-Fragen, praktische Demonstrationen, Aufsätze oder eine Kombination dieser Formate sein.
  • Schau dir vergangene Klausuren für das Fach oder den Kurs an. Diese sollten in der Bibliothek oder auf der Internetseite verfügbar sein. Die Fragen sind unterschiedlich, aber du kannst dich mit dem Prüfungsformat vertraut machen.
  • Achte darauf, wie viel Prozent jede Prüfungsfrage wert ist. Du kannst dann berechnen, wie viel Zeit für die Beantwortung jeder Frage während der Klausur aufgewendet werden kann.

Für die Klausur lernen

  • Es ist ratsam, so früh wie möglich mit dem Lernen für deine Klausuren zu beginnen. Regelmäßige Überprüfung des Kursmaterials hilft dir, das neue Material zu lernen. Lass es nicht bis zu den letzten Tagen vor der Klausur liegen.
  • Der beste Weg, mit Klausurstress umzugehen, ist, den Stoff zu kennen. Und du lernst ihn am besten, wenn du deine Lernzeiten über einen längeren Zeitraum verteilst, statt zu versuchen, ihn an den letzten zwei Tagen vor der Klausur zu lernen.
  • Verwende deinen Wochenplaner, um deine Lernzeit für die Klausuren zu planen. Ordne bestimmten Aufgaben Zeitblöcke zu.
  • Viele Studierende finden es nützlich, Zusammenfassungen der Informationen zu schreiben, Mnemonik zu verwenden oder Mind-Mapping zu verwenden, um die Informationen zu überprüfen.
  • Verwende frühere Klausuren, um das Beantworten von Fragen zu üben. Übe auch, sie innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens zu beantworten.
  • Beseitige alle Ablenkungen, die du nicht haben willst, alles, was dich vom Lernen ablenkt. Es gibt Software, mit der du den Zugang zum Internet einschränken kannst, zum Beispiel soziale Medien während deiner Lernzeit blockieren kannst. Halte deinen Arbeitsplatz aufgeräumt und organisiert, wenn du das Gefühl hast, dass es dir hilft, dich zu konzentrieren. Hier findest du Tipps zum Umgang mit Prokrastination.
  • Trinke genug. Halte eine Flasche Wasser bereit und versuche, mindestens 2 Liter Wasser pro Tag zu trinken. Zu wenig zu trinken kann zu Konzentrationsschwäche führen.
  • Versuche, ein Gleichgewicht zwischen Lernen und Entspannen zu finden, denn das kann dir helfen, die Klausurzeit besser zu bewältigen und die benötigten Informationen zu behalten. Vermeide es, die ganze Zeit mit Lernen zu verbringen, denn ständiges Lernen kann körperlich und geistig anstrengend sein.
  • Schlafe ausreichend und vermeide es, am Abend vor einer Klausur die ganze Nacht wach zu bleiben und zu pauken. Schlafmangel wirkt sich auf deine Konzentration, dein Gedächtnis und dein Energieniveau aus, was bei Klausuren extrem wichtig sein kann, um die gewünschten Noten zu bekommen.
  • Achte darauf, dich so gesund wie möglich zu ernähren und nimm dir Zeit, um spazieren zu gehen, zu laufen oder Rad zu fahren. Wenn du dich um deine körperliche und geistige Gesundheit kümmerst, kannst du dir Informationen besser merken und in einer stressigen Klausurphase besser abschneiden.
  • Belohne dich nach einer produktiven Lerneinheit. Klausuren und die Vorbereitung darauf können sehr anstrengend sein. Du brauchst zwischendurch auch Spaß und Entspannung. Das kann bedeuten, dass du dich mit deinen Hobbys oder Interessen beschäftigst, ein Buch liest, einen Film oder eine Fernsehsendung ansiehst, die du magst, oder ein Videospiel spielst.
  • Nutze Lerngruppen. Mit anderen über den Lernstoff zu diskutieren, kann dir helfen, Lücken in deinem Verständnis zu entdecken und zu stopfen. Auch wenn du vor den sozialen Aspekten zurückschreckst – ich denke, dass Lerngruppen gerade für autistische Studierende eine gute Ergänzung sind, denn wir tendieren manchmal dazu, sehr in eine Richtung zu denken und andere mögliche Erklärungen zu übersehen, oder wir fokussieren uns auf Details und sehen »den Wald vor lauter Bäumen nicht. Die Diskussion mit anderen hilft dabei einzuschätzen, ob dein Verständnis des Stoffs mit dem allgemeinen Konsens in deinem Fach übereinstimmt.
  • Bleib in Kontakt mit deiner Familie, deinen Freund*innen und/oder deiner Lebenspartner*in. Mit deinem Unterstützungsnetzwerk, deiner Dozent*in oder Tutor*in in Kontakt zu bleiben, kann eine gute Möglichkeit sein, mit Klausurstress umzugehen, wenn du das Gefühl hast, dass die Dinge aus dem Ruder laufen – auch wenn das nicht jedes Problem löst, ist es immer gut, mit jemandem zu reden (oder zu kommunizieren) und es rauszulassen!

Die Klausur schreiben

  • Versuche, in der Nacht vor einer Klausur acht Stunden Schlaf zu bekommen. Das bringt mehr, als die ganze Nacht wach zu bleiben und zu lernen.
  • Stelle am Tag der Klausur sicher, dass du genügend Zeit hast, um zum Veranstaltungsort zu gelangen.
  • Wenn die Klausur beginnt, kann es sich lohnen, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um die Klausur als Ganzes zu scannen.
  • Es ist ratsam, die Dauer zu notieren, die für jeden Abschnitt oder jede Frage aufgewendet werden muss, und zu welcher Zeit du einen neuen Abschnitt oder eine neue Aufsatzfrage beginnen solltest.
  • Es ist wichtiger, jeden erforderlichen Abschnitt zu beantworten (auch wenn die Antwort möglicherweise nicht perfekt oder vollständig ist), als die gesamte Prüfungszeit nur für einen Teil der Klausur zu verwenden.

Tipps für Aufsätze im Rahmen einer Klausur

Manchmal musst du bei einer Klausur einen Aufsatz schreiben. Möglicherweise kannst du unter mehreren Fragen auswählen, von denen du nur eine beantworten musst.
Hier sind einige Tipps zur Beantwortung von Prüfungsfragen:

  • Wähle die Frage aus, die du beantworten möchtest. Nimm dir jeweils ein paar Minuten Zeit, um die Schlüsselwörter zu unterstreichen. Was sollst du tun? Möglicherweise wirst du aufgefordert, zu beschreiben, zu vergleichen, zu kontrastieren oder zu analysieren. Auf welche Theorien und Konzepte musst du dich beziehen?
  • Mach einen sehr kurzen Überblick über deinen Aufsatz. Notiere dir die wichtigsten Punkte, die du ansprechen willst. Das wird dir helfen, deinen Aufsatz zu strukturieren, um die Frage zu beantworten.

Umgang mit Stress

Die Klausurenphase am Ende der Vorlesungszeit oder am Ende des Semesters ist für viele Studierende stressig, und bei autistischen Studierenden kann der Stresslevel besonders hoch sein.

Neben einer guten Vorbereitung ist deshalb auch ein gesunder Umgang mit Stress wichtig. Hier findest du Tipps zum Umgang mit Stress und Angst im Studium.

Erfahrungen autistischer Studierender

Maurices Erfahrungen

»Bevor ich mit dem Studium begann, wusste ich, dass ich mit Prüfungen und Stress im Studium zu kämpfen hatte.

In meinem ersten Jahr bin ich bei zwei Klausuren durchgefallen, was mein Selbstvertrauen erschütterte und mich daran zweifeln ließ, ob dieser Studiengang der richtige für mich war.

Kurz vor meinen Wiederholungsklausuren fand ich heraus, dass ich unter Depressionen und Angstzuständen litt. Das hat mein akademisches Selbstvertrauen stark beeinträchtigt, und wenn ich mit schwierigen Aufgaben oder Prüfungen konfrontiert wurde, habe ich sie aus Angst vor dem Durchfallen aufgeschoben – aber das führte nur zu noch mehr Stress!«

Berenikes Erfahrungen

»Ich habe das Gefühl, dass ich unbedingt alles lesen muss, was auf der Leseliste des Kurses steht, auch wenn das ewig dauert. Es fällt mir schwer, nur bestimmte Themen zu wiederholen.«

Miras Erfahrungen

»Mit Klausuren war ich immer total überfordert. Ich habe die Seite umgeblättert, und mein Kopf war leer. Jetzt habe ich gemerkt, dass Stress nicht wirklich hilft, und ich komme viel besser mit den Klausuren zurecht.«

Fazit: Klausuren und Hausarbeiten können zweifellos stressig sein. Aber mit den richtigen Strategien kannst du diese Hürden nehmen. Nutze Lerngruppen, Tutorien und Nachteilsausgleiche und brich große Arbeiten in kleinere, machbare Aufgaben herunter.

Du hast viele Stärken, die du dafür nutzen kannst – zum Beispiel ein gutes Gedächtnis, analytisches Denken, visuelles Denken oder anderes.

Zuletzt bearbeitet am 23.11.2023.

Linus Mueller
Linus Mueller, M.A.

Linus Mueller befasst sich seit 20 Jahren mit Autismus. Er hat hat sein Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Magisterarbeit über Autismus und Gender abgeschlossen und in mehreren Autismus-Organisationen gearbeitet, bevor er Autismus-Kultur gründete. Linus ist selbst autistisch und Vater eines fabelhaften Kindes. Mehr über Linus