Was ist Autismus?
Autismus ist ein facettenreiches Spektrum neurologischer Merkmale, das individuelle Unterschiede in Wahrnehmungsverarbeitung, Sprache, sozialer Interaktion und Interessen umfasst. Viele autistische Menschen sehen Autismus nicht als Störung, sondern als Teil ihrer Identität, und wünschen sich Akzeptanz und Verständnis.
Ich bin selbst autistisch und beschäftige mich seit fast 20 Jahren intensiv mit Autismus. Unter anderem habe ich in verschiedenen Autismus-Organisationen gearbeitet, meine Abschlussarbeit an der Uni über Autismus geschrieben und zum Thema veröffentlicht (mehr über mich).
Hier zeige ich dir Autismus aus autistischer Sicht – aus meiner und der anderer Autist*innen.
Inhaltsverzeichnis
- Autismus im Überblick
- Das Autismus-Spektrum
- Autismus erkennen: Symptome
- Autismus-Test
- Diagnose Autismus-Spektrum-Störung
- Häufigkeit von Autismus
- Ursachen von Autismus
- Autismus-Therapien und Herangehensweisen
- Typische Herausforderungen und mögliche Unterstützung für autistische Menschen
- Umgang mit autistischen Menschen
- Prognose: Autismus im Verlauf des Lebens
- Die Geschichte von Autismus
- Autistic Pride und Neurodiversität
Autismus im Überblick
- Symptome:
- Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion und Kommunikation
- stereotypes oder repetitives Verhalten
- intensive und möglicherweise ungewöhnliche Interessen
- Unterschiede in der Verarbeitung von Sinnesreizen
- Diagnostik: Die Diagnose »Autismus-Spektrum-Störung« wird aufgrund des Verhaltens gestellt, durch Beobachtung und Fragebögen. Sie wird manchmal in früher Kindheit gestellt, manchmal später. Es gibt viele undiagnostizierte autistische Kinder und Erwachsene.
- Häufigkeit: Ca. 1-3 Prozent der Menschheit sind autistisch.
- Ursachen: Autismus ist angeboren und zum großen Teil genetisch bedingt. Möglicherweise gibt es auch (bisher unbekannte) nicht-genetische Faktoren, die eine Rolle spielen.
- Therapien und Herangehensweisen: Autismus ist nicht »heilbar« und die meisten autistischen Menschen würden auch nicht keine »Heilung« wollen. Herangehensweisen wie Unterstützte Kommunikation, TEACCH, und eine autismusgerechte Umwelt können autistische Menschen im Alltag unterstützen. Der Austausch mit anderen Autist*innen und Mentor*innen kann sehr wertvoll sein.
- Prognose: Manche autistische Menschen brauchen ihr ganzes Leben lang umfassende Unterstützung, andere nur wenig. Der Unterstützungsbedarf kann im Laufe des Lebens variieren.
Autismus ist nicht etwas, das eine Person
Jim Sinclair, autistischer Aktivisthat, oder eineGlaskugel, in der eine Person gefangen ist. Es gibt kein normales Kind hinter dem Autismus. Autismus ist eine Art zu Sein. Er isttiefgreifend; er färbt jede Erfahrung, jede Empfindung, jede Wahrnehmung, jeden Gedanken, jedes Gefühl und jede Begegnung, jeden Aspekt des Daseins.
Das Autismus-Spektrum
Autismus wird als Spektrum beschrieben, weil die Merkmale und Verhaltensweisen bei verschiedenen autistischen Menschen sehr unterschiedlich sind. Bei manchen sind die Symptome stark ausgeprägt und beeinträchtigen ihre Kommunikation erheblich, während andere trotz vieler Probleme in der Gesellschaft funktionieren können.
Darüber hinaus erkennt der Begriff »Spektrum« an, dass verschiedene autistische Eigenschaften wie Kommunikation, sozialer Interaktion und repetitive oder restriktive Verhaltensweisen oder Interessen bei einer Person unterschiedlich ausgeprägt sein können.
Deshalb ist das Autismus-Spektrum keine einfache Skala, sondern ein komplexes und vielfältiges Geflecht von Merkmalen, die sich von Person zu Person unterscheiden können.
- Jede autistische Person hat einige, aber meist nicht alle der typischen Symptome von Autismus. Die Symptome können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
- Manche Menschen im Autismus-Spektrum sprechen gar nicht, während andere eine weitgehend normale Sprachentwicklung haben.
- Manche Menschen im Autismus-Spektrum fallen bereits in früher Kindheit als autistisch auf, während andere auch als Erwachsene keine Diagnose haben und oft selbst nicht wissen, dass sie autistisch sind. Aber auch sie waren von Geburt an autistisch, sie hatten nur weniger auffällige Verhaltensweisen.
- Das Maß an Unterstützung, das Menschen im Autismus-Spektrum brauchen, variiert sehr stark, und kann sich im Laufe des Lebens verändern.
Ich kann es wirklich nicht genug betonen, wie unterschiedlich autistische Menschen sind – meiner Ansicht nach sind sie trotz ihrer Gemeinsamkeiten deutlich unterschiedlicher als nicht-autistische Menschen.
Formen von Autismus
Autismus wurde früher in drei verschiedene Formen unterteilt: Frühkindlicher Autismus, Atypischer Autismus und das Asperger-Syndrom. Manchmal wurden außerdem noch eine »sonstige« oder »nicht näher bezeichnete« tief greifende Entwicklungsstörung diagnostiziert, die ebenfalls zum Autismus-Spektrum gezählt wurden.
- Frühkindlicher Autismus: Beim Frühkindlichen Autismus ist eines der Kriterien, dass die Entwicklung der Sprache verzögert ist (oder ganz ausbleibt).
- Atypischer Autismus: Beim Atypischen Autismus müssen nicht alle Kriterien zutreffen. Die Symptome können erst später auftreten, oder einige Merkmale fehlen.
- Asperger-Syndrom: Die Bezeichnung Asperger-Syndrom wird verwendet, wenn die Entwicklung der Sprache nicht verzögert ist und die Intelligenz im normalen oder hohen Bereich liegt, die Symptome aber ansonsten Autismus entsprechen. Das Asperger-Syndrom war, auch wenn es eine andere Bezeichnung hat, immer ein Teil des Autismus-Spektrums.
- PDD-NOS: Die Diagnose »Pervasive Developmental Disorder – Not Otherwise Specified», auf deutsch »Tiefgreifende Entwicklungsstörung – Nicht näher bezeichnet« wurde vor allem in den USA häufig gestellt und galt als leichte Form von Autismus.
Außerdem wurde (und wird) Autismus oft in niedrig- und hochfunktionalen Autismus unterteilt.
Als »hochfunktional« werden meist autistische Menschen mit durchschnittlicher (bis überdurchschnittlicher) Intelligenz bezeichnet; auch Sprache kann ein Kriterium sein. Autisten, die diese Kriterien nicht erfüllen, gelten als »niedrigfunktional«.
Du merkst wahrscheinlich selbst, dass es nicht besonders schmeichelhaft ist, als »niedrigfunktional« bezeichnet zu werden. Das ist einer der Gründe, warum ich diese Begriffe nicht gern verwende.
Aber auch für viele sogenannte »hochfunktionale« Autist*innen ist diese eindimensionale Einteilung problematisch. Besonders Menschen mit Asperger-Syndrom, die intelligent sind, sprechen können und relativ unauffällig wirken, bekommen oft nicht die Unterstützung, die sie eigentlich brauchen würden – weil sie so »normal« wirken.
Der Unterschied zwischen hochfunktionalem und niedrigfunktionalem Autismus ist, dass hochfunktional bedeutet, dass deine Schwächen ignoriert werden und niedrigfunktional bedeutet, dass deine Stärken ignoriert werden.
Laura Tisconik
Im Laufe der Jahre wurde die Sinnhaftigkeit dieser Unterscheidung immer mehr infrage gestellt:
Die Unterschiede zwischen autistischen Menschen sind zu komplex, um sie in zwei bis drei Sub-Kategorien darstellen zu können.
Zum Beispiel gibt es Personen, die als Kleinkinder die Diagnose Frühkindlicher Autismus bekommen, die in ihrer Entwicklung später aber mehr dem ähneln, was als Asperger-Syndrom bezeichnet wird.
Deshalb entstand das Modell des Autismus-Spektrums.
Die aktuellen Diagnosehandbücher ICD-11 (2021) und DSM-5 (2013) führen beide die »Autismus-Spektrum-Störung« (ASS) auf, die die bisherigen Subtypen von Autismus einschließt.
Hier findest du die offiziellen Autismus-Diagnosekriterien nach ICD-11 und nach DSM-5 (mit Beispielen).
Wenn eine Person einige autistische Verhaltensweisen hat, aber nicht genug für eine Diagnose, spricht man von autistischen Zügen.
Autismus erkennen: Symptome
Was sind typische Anzeichen für Autismus?
Autistische Menschen haben Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen Menschen, z. B. dem Verstehen und Verwenden von Körpersprache oder anderen subtilen sozialen Signalen. Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten ist für sie schwieriger als für andere Menschen. Weitere Unterschiede liegen in der Wahrnehmungsverarbeitung, intensiven Interessen für bestimmte Themen und repetitiven Verhaltensweisen.
Bitte bedenke, dass die hier aufgeführten Autismus-Symptome nicht zur Diagnose gedacht sind.
Sprache
Über Jahrzehnte verstand man unter Autismus vor allem jene autistischen Menschen, die nicht sprechen oder nur zuvor Gehörtes wiederholen, selten Interaktionen initiieren und kaum antworten.
Im Laufe der Zeit wurde aber deutlich, dass es Menschen mit guten verbalen Fähigkeiten gibt, die aber große Schwierigkeiten im Kontakt mit anderen Leuten haben, und denen es schwer fällt, Sprache im sozialen Kontext zu verwenden.
Ob jemand sprechen kann oder nicht, ist kein Kriterium für eine Autismus-Diagnose.
Ich nenne Sprache nur an erster Stelle, um zu zeigen, wie unterschiedlich autistische Menschen in dieser Hinsicht sind.
Man findet unter Autist*innen die ganze Bandbreite an sprachlichen Fähigkeiten:
- Nicht jede autistische Person kann sprechen, aber wir alle haben etwas zu sagen. Nicht-sprechende Menschen im Autismus-Spektrum verwenden möglicherweise Unterstützte Kommunikation (UK): Manche von ihnen tippen an einem Computer, andere verwenden Gebärdensprache oder visuelle Hilfsmittel, zum Beispiel zeigen sie auf Bilder auf einem iPad oder einer Bildtafel.
- Manche autistische Menschen können sprechen, aber nur eingeschränkt. Vielleicht sprechen sie durch Echolalie (das Wiederholung von Dingen, die sie schon einmal gehört haben), oder sie schreiben vorher auf, was sie sagen wollen und lesen es ab.
- Viele Menschen im Autismus-Spektrum können sprechen, haben einen großen Wortschatz und sehr gute grammatische Fähigkeiten. Sie haben aber Schwierigkeiten mit bestimmten Aspekten von Sprache, insbesondere mit Pragmatik (dem Verstehen und Verwenden von Sprache im sozialen Kontext). Das fällt oft nicht als typisch autistisch auf.
Zu Fragen verhielt ich mich ganz konkret.
Gunilla Gerland, autistische AutorinKannst du…?beantwortete ich mit einemJaund das bedeuteteJa, ich kann. Daher war der Effekt meinesJaauf die FrageKannst du mal dein Zimmer aufräumen?nicht der gewünschte. Ich begriff überhaupt nicht, warum sie sich in diesem Fall so sehr über mich aufregten.
Manche autistischen Kinder vertauschen die Pronomina »ich« und »du«, weil sie deren Bedeutung (noch) nicht verstehen. Andere verwenden Neologismen (neu gebildete Wörter).
Soziale Kommunikation und Interaktion
Autistische Menschen haben, genauso wie andere Menschen, Freude daran, zusammen mit anderen etwas zu machen, das sie interessiert.
Sie haben aber häufig Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation.
Das ist eines der Kriterien für die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung. Alle autistischen Menschen werden diese Schwierigkeiten in irgendeiner Weise haben, aber sie können sehr verschieden aussehen.
Nicht jeder Punkt auf den folgenden Listen trifft auf jede autistische Person zu. Außerdem können die einzelnen Merkmale auch bei Menschen auftreten, die nicht autistisch sind – erst die Kombination von Symptomen weist auf Autismus hin. Die folgenden Symptome geben dir aber einen guten Eindruck über die Art von Schwierigkeiten, die Autisten haben.
Soziales Verständnis
Jede Interaktion hat einen sozialen Kontext. Zum Beispiel sprechen nicht-autistische Menschen üblicherweise mit einem Freund anders als mit einer Vorgesetzten.
Autist*innen finden es häufig schwierig, diese ungeschriebenen sozialen Regeln und Erwartungen zu erkennen. Möglicherweise sehen sie auch einfach keinen Sinn darin, sich daran zu halten.
Soziales Verständnis ermöglicht es uns, das Verhalten anderer zu verstehen und vorherzusagen, abstrakte soziale Konzepte zu verstehen und uns soziale Situationen vorzustellen, die wir (noch) nicht selbst erlebt haben.
Schwierigkeiten im Bereich des sozialen Verständnisses bedeuten, dass es einer autistischen Person vielleicht schwerfällt,
- sich vorzustellen, was nicht-autistische Menschen in einer bestimmten Situation denken oder fühlen, oder zu verstehen, warum sie etwas tun.
- die ungeschriebenen Regeln zu verstehen, die die meisten Leute intuitiv erkennen.
- vorherzusagen, was in einer sozialen Situation als Nächstes passieren könnte.
- sich in neuen oder ungewohnten sozialen Situationen zurechtzufinden.
- unpräzise Sprache im Kontext zu interpretieren (Beispiel: Der Satz »Wo kommst du her?« kann danach fragen, wo man (gerade eben) war, oder danach, wo man geboren oder aufgewachsen ist.)
Nonverbale Kommunikation
Oft liest man, dass 90 % der Informationen in einem Gespräch nonverbal sind.
Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, weil ich von diesen 90 % einen großen Teil nicht wahrnehme.
Autist*innen finden es häufig schwierig, nonverbale und paraverbale Kommunikation zu verstehen, z. B. Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Gestik, Tonfall und Sprachmelodie.
Und das erklärt zu einem großen Teil, warum nicht-autistische Menschen eine soziale Situation schneller, intuitiver und detaillierter erfassen.
Diese Schwierigkeiten sind graduell: Viele Menschen im Autismus-Spektrum haben ein gewisses (aber begrenztes) Verständnis von sozialen Situationen im Allgemeinen und nonverbaler Kommunikation im Besonderen.
Zum Beispiel kann eine autistische Person in der Lage sein, aus dem Tonfall brauchbare Informationen zu entnehmen, aber aus Gesichtsausdrücken gewinnt sie im Alltag keine brauchbaren Erkenntnisse.
Denn der Alltag ist das Entscheidende: Es gibt Menschen im Autismus-Spektrum, die prinzipiell ein brauchbares Verständnis von nonverbaler Kommunikation haben, vielleicht weil sie Bücher darüber gelesen haben. Das Problem besteht darin, dieses Wissen zu nutzen, um alltägliche soziale Situationen zu verstehen – das gelingt häufig nicht (oder zumindest nicht so gut).
Wenn du darüber nachdenkst, wie etwas gemeint war, denkst du über den Tonfall, den Gesichtsausdruck, die bloßen Worte, oder etwas ganz anderes nach?
Das Schwierige in der nonverbalen Kommunikation ist nicht nur, die Signale anderer zu verstehen. Autisten haben auch Schwierigkeiten, sich selbst über nonverbale Signale auszudrücken.
Ich weiß jetzt, dass es für mich völlig normal ist, Menschen nicht anzusehen, wenn ich mit ihnen spreche. Wir Asperger fühlen uns damit einfach nicht wohl. Ich verstehe wirklich nicht, warum es als normal gilt, jemandes Augäpfel anzustarren.
John Elder Robison, autistischer Autor
Sie vermitteln über Körpersprache, Mimik und paraverbale Signale (zum Beispiel Tonfall) oft andere Signale, als sie senden wollen. Manche sind sich nicht bewusst, dass andere Menschen versuchen, ihre Körpersprache zu interpretieren, andere versuchen, (mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg) andere Menschen nachzuahmen. Das kann nicht-autistische Menschen verwirren und ihnen die Kontaktaufnahme erschweren.
- Blickkontakt ist für Autist*innen oft unangenehm. Im Gespräch sehen sie deshalb vielleicht ihr Gegenüber nicht oder kaum an. Das kann verwirrend sein für Menschen, die es nicht gewohnt sind, mit autistischen Menschen zu interagieren.
- Sie halten vielleicht zu viel oder zu wenig Abstand zum Gegenüber. Einige Personen im Autismus-Spektrum sind distanzlos und berühren andere, ohne zu verstehen, dass es unerwünscht oder sozial unangemessen sein könnte.
- Viele Autist*innen finden es schwierig, einzuschätzen, welche Kleidung angemessen ist.
- Sie sprechen oft zu laut oder zu leise.
- Manche sprechen sehr monoton, oder mit einer auffälligen Prosodie.
- Sie verwenden selten kommunikative Gesten.
Ich schwankte oft zwischen verschiedenen Akzenten, Stimmlagen und Arten, wie ich Menschen beschrieb. Manchmal klang mein Akzent ganz geschliffen und kultiviert. Manchmal sprach ich, als käme ich aus der Gosse. Manchmal war meine Stimmlage normal, zu anderen Zeiten war sie tief, als würde ich Elvis nachmachen. Wenn ich jedoch aufgeregt war, hörte sie sich an wie Micky Maus, nachdem sie von einer Dampfwalze überfahren war – hoch und flach.
Donna Willams, autistische Autorin
Und auch in anderen Aspekten des zwischenmenschlichen Kontakts unterscheiden sich autistische Menschen von anderen.
Soziale Interaktion
- Tendenziell sind autistische Menschen ehrlicher und direkter. Manchmal wählen sie unpassende Gesprächsthemen oder unpassende Bemerkungen. Zum Beispiel könnte ein autistisches Kind zu seiner Tante sagen: »Du bist aber dick!«, ohne zu verstehen, dass das verletzend sein kann.
- Viele Autisten haben Schwierigkeiten mit Smalltalk: Was sagt man da, und wozu? Das kann heißen, dass es schwierig ist, Kontakte zu knüpfen und aufrechtzuerhalten.
- Autistische Menschen finden es möglicherweise schwierig, mit unbekannten Menschen in ungewohnten Situationen zu kommunizieren, während sie keine Kommunikationsschwierigkeiten mit vertrauten Personen oder in gewohnten Situationen haben.
- Manche reden sehr wenig, manche sehr viel – sie sprechen vielleicht in epischer Breite von ihren Interessensgebieten, ohne ihr Gegenüber zu Wort kommen zu lassen oder dessen Signale der Langeweile zu bemerken.
- Sie scheinen oft unsensibel, weil sie nicht erkennen, wie jemand anderes sich fühlt. Und wenn sie es erkennen, wirken zum Beispiel ihre Versuche, jemanden zu trösten, eher ungeschickt.
- Sie verbringen oft lieber Zeit allein als mit anderen Leuten, weil der Kontakt mit anderen Leuten schwierig und anstrengend sein kann.
- Sie scheinen sich oft »seltsam« oder unangemessen zu verhalten, weil es schwierig für sie sein kann, Gefühle oder Bedürfnisse auszudrücken.
Weitere Informationen zu den Kommunikationsschwierigkeiten speziell von autistischen Menschen mit guten verbalen Fähigkeiten findest du im Artikel Asperger und Kommunikation.
All diese Dinge können die Welt zu einem sehr verwirrenden Ort machen. Sie können auch dazu führen, dass Autist*innen sozial isoliert sind.
Viele Autist*innen wünschen sich Freundschaften, finden es aber schwierig, Freundschaften zu schließen und aufrechtzuerhalten. Auch Partnerschaften können eine Herausforderung sein; ebenso wie die soziale Interaktion am Arbeitsplatz.
Empathie und Theory of Mind
Theory of Mind bedeutet, dass man versteht, dass andere Menschen andere Gedanken, Wünsche und Bedürfnisse haben als man selbst. Dazu gehört die Fähigkeit, sich in die Lage eines anderen hineinzuversetzen.
Früher nahmen Forscher*innen an, dass Autist*innen keine Theory of Mind hätten. Die bekanntesten Arbeiten dazu stammen von Simon Baron-Cohen aus den 1980er und 90er Jahren.
Inzwischen gibt es daran starke Zweifel, weil die Ergebnisse dieser Studien in zahlreichen Versuchen nicht repliziert werden konnten.
Zudem hat die Theorie, dass Autismus Folge mangelnder Theory of Mind wäre, auch logische Mängel: Nicht-autistische Kinder bestehen die Tests, mit denen Theory of Mind gemessen wird, in der Regel erst ab dem Alter von vier Jahren. Aber autistische und nicht-autistische Dreijährige unterscheiden aber sich bereits voneinander, ohne dass eine Theory of Mind bei einer der beiden Gruppen nachweisbar wäre.
Die Theory of Mind kann also nicht als (alleinige) Erklärung für Autismus dienen.
Normale Menschen haben einen unglaublichen Mangel an Empathie. Sie haben eine zwar gute emotionale Empathie, aber sie haben nicht viel Empathie für das autistische Kind, das beim Baseball-Spiel schreit, weil es die Reizüberflutung nicht ertragen kann. Oder das autistische Kind, das einen Meltdown in der Schulcafeteria hat, weil es dort zu viele Reize gibt.
Temple Grandin, autistische Professorin für Tierzuchtwissenschaft
Trotzdem: Autist*innen haben im Alltag häufig ein Problem zu verstehen, was ihr Gegenüber gerade denkt oder fühlt. Woran liegt das?
Der autistische Autismus-Forscher Damian Milton prägte den Begriff »Double Empathy Problem«, um zu beschreiben, dass die Probleme in der Kommunikation zwischen autistischen und nicht-autistischen Menschen beidseitig sind, und die Ursache darin liegt, dass beide Seiten ein Problem haben, ihr Gegenüber zu verstehen.
Deshalb sind Autist*innen gut darin zu erkennen, wie andere Autist*innen sich fühlen, aber es fällt ihnen schwer zu erkennen, wie nicht-autistische Menschen sich fühlen.
Nicht-autistische Menschen dagegen sind gut darin zu erkennen, wie nicht-autistische Menschen sich fühlen, aber es fällt ihnen schwer zu erkennen, wie autistische Menschen sich fühlen.
Die Theorie des Double Empathy Problems stellt grundlegend infrage, ob Menschen im Autismus-Spektrum einen Mangel an Empathie oder Theory of Mind haben, und ebenso die gängige Vorstellung, dass die sozialen Fähigkeiten autistischer Menschen von Natur aus beeinträchtigt sind.
Seit 2015 gibt es eine zunehmende Anzahl von Studien, die diese Theorie unterstützen, und auch Simon Baron-Cohen würdigte sie positiv.
Jeder von uns, der lernt, mit euch zu sprechen, jede von uns, die lernt, in eurer Gesellschaft zu funktionieren, jeder von uns, der die Hand ausstreckt, um eine Verbindung zu euch herzustellen, bewegt sich auf außerirdischem Territorium und nimmt Kontakt zu außerirdischen Wesen auf. Wir verbringen unser ganzes Leben damit, das zu tun. Und dann erzählt ihr uns, wir seien nicht fähig, Beziehungen aufzubauen!
Jim Sinclair, autistischer Aktivist
In einer Sache sind sich beide Seiten dieser Debatte jedoch weitgehend einig: Es geht um Schwierigkeiten der kognitiven Empathie, nicht der affektiven Empathie. Das heißt, es fällt uns möglicherweise schwer zu erkennen, dass es dir schlecht geht, aber wenn wir es wissen, werden wir mit dir fühlen. Es ist uns nicht egal.
(Zum Vergleich: Bei Psychopathen ist es genau umgekehrt. Sie erkennen genau, wie es anderen Menschen geht, und es ist ihnen egal.)
Emotionen
Regelmäßig wird die Frage gestellt, ob autistische Menschen Gefühle haben. Ja, autistische Menschen haben Gefühle. Wir haben all die Gefühle, die andere Menschen auch haben.
Manchmal sagen die Leute, dass autistische Kinder nicht in der Lage wären zu lieben. Das ist lächerlich. Mein Sohn liebt sehr innig. Er kommuniziert einfach nicht gut.
Hannah Ewald, Mutter eines autistischen Kindes
Einige Menschen im Autismus-Spektrum haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu verstehen und zu benennen. Das nennt man Alexithymie und die Gründe dafür sind oft unklar. Alexithymie kommt auch in bei nicht-autistischen Menschen vor, jedoch seltener als bei autistischen Menschen.
Wahrnehmungsverarbeitung autistischer Menschen
Wir verarbeiten Sinnesreize anders.
Jede Sekunde strömen Millionen von Sinnesreizen auf uns ein. Nur wenige davon nehmen wir bewusst wahr. Unser Gehirn muss die Reize filtern, damit wir sie verarbeiten können.
Und dieser Filter ist bei autistischen Kindern und Erwachsenen häufig anders eingestellt. Das führt dazu, dass wir die Welt anders wahrnehmen.
Grob gesagt, gibt es zwei Subtypen:
- Hypersensitivität: Reize, die anderen Leuten als angenehm oder zumindest nicht störend erscheinen, sind für Autisten möglicherweise zu intensiv oder einfach zu viel: das Licht zu grell, der Staubsauger unerträglich laut, das Parfüm zu aufdringlich.
- Hyposensitivität: Andere autistische Menschen nehmen Reize weniger intensiv wahr. Sie suchen dann nach intensiven Reizen, um etwas spüren zu können, zum Beispiel laute Musik, bunte Lichter oder scharfes Essen.
Wie wirkt sich das im Alltag aus?
- Autistische Menschen können sehr lärmempfindlich sein. Das kann sich auf den allgemeinen Geräuschpegel oder auf ganz bestimmte (vielleicht nicht einmal besonders laute) Geräusche beziehen.
- Manche Autist*innen sind empfindlich gegenüber bestimmten Tonfrequenzen.
- Sehr helles, grelles Licht kann unangenehm sein.
- Manche Autist*innen haben sehr spezifische Essvorlieben und -abneigungen.
- Eine bestimmte Oberfläche oder die Konsistenz eines Lebensmittels kann sich unerträglich anfühlen.
- Kleidung kann sich sehr unangenehm anfühlen, weil das Material oder das Etikett kratzt, man die Nähte spürt, oder das Kleidungsstück einfach ungewohnt ist.
- Der ganz normale Hintergrundlärm kann die Verständigung erschweren: Viele Menschen im Autismus-Spektrum haben Schwierigkeiten, in einem Gespräch herauszufiltern, was ihr Gegenüber sagt, wenn es Hintergrundgeräusche gibt.
- Manche Autist*innen blenden viele Reize aus. Das kann zum Beispiel heißen, dass sie dich nicht sehen, wenn du ihnen auf der Straße entgegenkommst, oder nicht hören, wenn du sie ansprichst.
- Eine Hypersensitivität des Tastsinns kann Umarmungen und andere leichte Berührungen unangenehm machen.
- Auch das Schmerzempfinden kann anders sein. Manche Menschen im Autismus-Spektrum scheinen relativ unempfindlich gegenüber Dingen zu sein, die in der Regel als schmerzhaft erlebt werden. Gleichzeitig können sie intensive Schmerzen haben durch Dinge, die andere Leute nicht als schmerzhaft empfinden, aber Probleme haben, diese zu kommunizieren. Diese Unterschiede sind zum Beispiel im medizinischen Kontext wichtig.
Während sich die meisten Menschen in wenigen Minuten an neue Kleider gewöhnen, brauche ich dafür drei oder vier Tage.
Temple Grandin, autistische Professorin für Tierzuchtwissenschaft
Autist*innen meiden deshalb oft große Menschenmassen, laute Orte und anderweitig reizintensive Umgebungen. Leider ist unsere Welt im Laufe der Zeit immer reizintensiver geworden.
In einer reizintensiven Umwelt kann eine hypersensitive Wahrnehmung zu Reizüberflutung (Reizüberlastung) führen, und in der Folge auch manchmal zu einem sogenannten Meltdown oder Shutdown.
Stress und emotionale Extreme haben schon immer meine sensorischen Empfindlichkeiten verstärkt – besonders die auditiven.
Lynne Soraya, autistische Autorin
Diese sensorischen Unterschiede können auch zu motorischen Auffälligkeiten führen. Bei autistischen Kindern und Erwachsenen ist der Tiefensinn, die Wahrnehmung des eigenen Körpers und seine Lage im Raum, oft weniger stark aufgeprägt.
Für Personen mit weniger Körperwahrnehmung kann es schwieriger sein,
- durch einen Raum zu gehen, ohne irgendwo anzustoßen,
- eine angemessene Distanz zu anderen Leuten zu wahren,
- feinmotorische Fertigkeiten wie das Binden von Schnürsenkeln oder eine schöne Handschrift zu erlernen, oder
- im Leistungssport erfolgreich zu sein, besonders wenn die Sportart viel Koordination erfordert. Personen mit diesen sensomotorischen Besonderheiten bewegen sich anders oder haben eine ungewöhnliche Haltung, meist ohne sich dessen bewusst zu sein.
Diese Unterschiede sind oft sehr subtil.
Viele Autist*innen finden ihre eigenen Wege, mit ihren sensorischen Unterschieden umzugehen: Hypersensitive Menschen tragen vielleicht Schirmmützen, Sonnenbrillen oder geräuschdämmende Kopfhörer, und sie bevorzugen reizarme Umgebungen. Auch schwere Bettdecken, sogenannte Gewichtsdecken, empfinden viele Autisten als angenehm.
Die Autistin Temple Grandin entwickelte die Hug Machine, ein Gerät, das Tiefendruck auf den ganzen Körper ausübt, um hypersensitiven Personen zu helfen, sich zu entspannen und zu beruhigen.
Auch sensorische Integrationstherapie kann zu einem gewissen Grad beim Umgang mit sensorischen Problemen helfen.
Autistische Verhaltensweisen: Interessen, Stimming und Routinen
Intensive Interessen
Viele Menschen im Autismus-Spektrum haben ein intensives, leidenschaftliches Interesse an bestimmten Themen, häufig schon von früher Kindheit an.
- Diese Interessen können sich im Laufe des Lebens verändern oder immer gleich bleiben.
- Sie bereiten Autist*innen viel Freude und können einen positiven Einfluss auf den Rest ihres Lebens haben, indem sie ihnen helfen, Freundschaften zu schließen, ihre Studienrichtung zu finden oder ihre Berufswahl zu treffen.
- Es können Dinge sein, die andere Menschen nicht verstehen oder die sie nicht interessieren, aber es können auch sehr »normale«, weit verbreitete Interessensgebiete sein.
- Sie können sich auf jegliches Thema beziehen, von Mathematik bis Ballett, von Kunst bis Eisenbahnen, von Türknäufen bis Schneeeulen, und von Politik bis zu kleinen Schnipseln Glanzpapier.
Eltern und Bezugspersonen sollten die Interessen ihres Kindes unterstützen. Auch wenn das Interesse für Außenstehende seltsam erscheinen mag, ist es für das Kind von großer Bedeutung. Es bietet Raum zur Erholung und Entspannung, ermöglicht es dem Kind, Kompetenzen in einem bestimmten Bereich zu entwickeln, bietet einen sicheren Hafen in stressigen Zeiten, kann helfen, Reizüberflutung und Meltdowns zu vermeiden, und das Selbstwertgefühl zu verbessern.
Autistische Kinder entwickeln alle Arten von Begeisterungen. Sich auf ein einzige Thema zu fokussieren, gibt dem Kind vielleicht ein Gefühl von Kontrolle, von Vorhersehbarkeit und Sicherheit in einer Welt, die unvorhersehbar ist und beängstigend sein kann.
Barry M. Prizant, Professor für Kommunikationsstörungen, Autismus-Experte
Es gibt viele Personen, die durch die intensive Beschäftigung mit einem spezifischen Thema die Welt ein Stück weit verändert haben: Greta Thunbergs intensives Interesse an der Klimakrise führte zu einer globalen Bewegung für Klimaschutz. Auch viele Forscher*innen arbeiten jahrelang mit großer Leidenschaft an einem sehr speziellen Thema, bis sie einen Durchbruch erzielen.
Ich bin stolz darauf, Autist und im Regenbogenspektrum zu sein! Unsere Ehrlichkeit, unser direkter Fokus, unsere intensive Liebe für unsere Leidenschaften und unser feines Gespür der Ungerechtigkeiten sind Eigenschaften, die die Welt gerade jetzt braucht.
Dara McAnulty
Stimming
Was nicht-autistische Menschen »stereotype und repetitive Verhaltensweisen« nennen, nennen Autist*innen Stimming.
Stimming ist, wenn man etwas (zum Beispiel eine Bewegung) immer wieder wiederholt, oft mit dem Ziel zu steuern, welchen sensorischen Input man bekommt.
Beispiele für Stimming sind:
- mit dem Oberkörper schaukeln,
- Wörter ohne kommunikative Absicht sagen,
- Geräusche machen (lautieren),
- vor sich hinsummen,
- mit den Händen spielen, die Finger verdrehen,
- sich um sich selbst drehen
- Kaugummi kauen.
Es gibt inzwischen auch zahlreiche Stimming-Toys, wie zum Beispiel Fidget Spinner, Squishies oder Yo-Yos.
Welche Funktionen hat Stimming?
Stimming kann viele unterschiedliche Funktionen haben. Hier sind ein paar Beispiele:
- Es gibt einen Fokus. Für Menschen im Autismus-Spektrum ist es entspannend, sich auf etwas konzentrieren zu können, was sie interessiert.
- Es hilft, Reize auszublenden und Reizüberflutung zu vermeiden.
- Es kann Spaß machen.
- Es kann eine Art sein, mit Stress umzugehen. Es kann beruhigen.
- Stimming kann eine autistische Art der Körpersprache sein, die allerdings sehr individuell ist.
Sollte man versuchen, autistische Menschen vom Stimming abzuhalten?
Eltern und Bezugspersonen sollten nicht versuchen, Stimming zu unterdrücken. Es ist in der Regel eine gesunde und für autistische Menschen normale Verhaltensweise.
Ein paar Ausnahmen gibt es: In manchen Fällen kann Stimming zu Selbstverletzungen führen, oder die Art des Stimming kann für andere Menschen sehr störend oder übergriffig sein (zum Beispiel lautes Stimming während des Unterrichts, Anfassen anderer Leute), dann sollte man versuchen, diese Stims durch andere zu ersetzen.
»Nonfunktionale Routinen«
Als nonfunktionale Routinen bezeichnet man repetitive Verhaltensweisen, das keinen offensichtlichen (für nicht-autistische Menschen erkennbaren) Zweck hat.
Beispiele dafür sind
- Gegenstände aufreihen,
- das Licht immer wieder an- und ausmachen,
- eine Tür immer wieder auf- und zumachen.
Diese »nonfunktionalen« Routinen sind tatsächlich funktional. Ihre Funktionen sind im Wesentlichen jene, die ich beim Stimming und den intensiven Interessen bereits genannt habe.
Intelligenz autistischer Menschen
Autist*innen findet man überall im Intelligenz-Spektrum:
- Es gibt autistische Menschen mit geistiger Behinderung.
- Es gibt autistische Menschen mit durchschnittlicher Intelligenz.
- Es gibt autistische Menschen mit Hochbegabung.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 schätzt den Anteil autistischer Menschen mit einem durchschnittlichen oder höheren IQ auf 59 %.
Das ist wesentlich höher als frühere Studien, aus meiner Sicht aber immer noch zu niedrig.
Viele Autist*innen mit durchschnittlicher oder hoher Intelligenz werden in diesen Studien nicht erfasst. Das betrifft vor allem Mädchen und Frauen im Autismus-Spektrum, die oft viel Energie darin investieren, ihre Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Leuten zu verbergen.
Wird die Intelligenz autistischer Menschen unterschätzt?
Es gibt einen weiteren Grund, warum ich die Intelligenz autistischer Menschen als höher einschätze:
Eine Studie von Laurent Mottron und Michelle Dawson, eine der ersten offen autistischen Forscherinnen, zeigt, dass Autist*innen beim Ravens Matrizentest, einem sprachfreien IQ-Test, im Schnitt 30 Punkte besser abschnitten als beim Wechsler-IQ-Test. In einigen Fällen betrug der Unterschied sogar mehr als 70 IQ-Punkte. Bei nicht-autistischen Kindern findet sich kein solcher Unterschied.
Frühkindliche Autist*innen konnten zudem die korrekten Antworten in Ravens Matrizentest schneller geben als nicht-autistische Menschen.
Eine weitere Studie kam zum Ergebnis, dass Menschen mit Asperger-Syndrom bei Ravens Matrizentest besser abschnitten als nicht-autistische Menschen.
Weil bei Intelligenztests standardmäßig der Wechsler-Test verwendet wird, kann man davon ausgehen, dass die Intelligenz autistischer Menschen unterschätzt wird. Das kann problematisch sein, wenn aufgrund dieses Tests Schulempfehlungen oder andere wichtige Entscheidungen getroffen werden.
Allerdings sollte man zum Thema IQ auch bedenken: Der IQ spielt zwar eine wesentliche Rolle im Leben, aber er erfasst nicht lebenspraktische Fähigkeiten wie zum Beispiel sich selbst zu versorgen oder mit den sozialen und organisatorischen Anforderungen von Schule, Studium, Arbeitswelt oder Freizeitaktivitäten zurechtzukommen.
Auch Autist*innen mit durchschnittlicher oder hoher Intelligenz brauchen Unterstützung.
Und autistische Menschen sind wertvoll, auch wenn sie keine heimlichen Genies sind (was die allermeisten von uns nicht sind).
Autismus und Inselbegabung
Von einer Inselbegabung oder dem Savant-Syndrom spricht man, wenn Personen mit einer neurologischen Behinderung (zum Beispiel geistige Behinderung, Autismus) bestimmte Fähigkeiten zeigen, die weit über dem Durchschnitt liegen. Eine solche Fähigkeit kann zum Beispiel schnelles Rechnen, künstlerische Fähigkeiten, das Anfertigen von Karten oder musikalische Fähigkeiten gehören.
Wie viele autistische Menschen haben eine Inselbegabung?
In einer Studie von 1978, der die Eltern von 5400 autistischen Kindern befragt wurden, gaben 531 Eltern an, dass ihr Kind eine besondere Fähigkeit habe. Daher stammt die Zahl, dass 10 % der autistischen Menschen eine Inselbegabung hätten.
Seitdem hat sich das Verständnis von Autismus jedoch stark gewandelt und die diagnostischen Kriterien schließen mehr Menschen ein, und auch die Kriterien, was überhaupt als Inselbegabung gilt, müssten in einer heutigen Studie eindeutiger definiert werden.
Im Jahr 2001 schätzte Hermelin schätzte die Anzahl von Savant unter autistischen Menschen auf 1-2 von 200. Möglicherweise sind es weit weniger.
Tatsächlich ist die Assoziation von Autismus und Savant-Syndrom eher ein Klischee. Es ist kein Zufall, dass der bekannteste autistische Savant, Raymond Babitt, eine fiktive Figur aus einem Film, Rain Man, ist – und eben kein echter Mensch.
In Filmen sind fast alle Autisten Savants. In Wirklichkeit sind aber die allermeisten autistischen Menschen keine Savants.
(Ja, sorry. Wir sind eigentlich ziemlich langweilig.)
Was richtig ist, ist, dass Autist*innen (verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung) häufig ein »unebenes« Intelligenzprofil haben. Das kann zum Beispiel heißen, dass eine Autistin im räumlichen Denken und in Musik sehr gut ist, aber große Probleme im sprachlichen Bereich hat. Oder umgekehrt.
Exekutive Dysfunktion
Nicht alle autistischen Menschen haben exekutive Dysfunktionen, und es kein Diagnosekriterium. Der Begriff umfasst verschiedene Dinge, darunter Probleme mit der Planung, Problemlösung, Organisation und dem Zeitmanagement.
Viele Autist*innen haben zum Beispiel Probleme,
- mit einer Aktivität anzufangen oder aufzuhören,
- zwischen verschiedenen Tätigkeiten hin- und herzuwechseln, oder
- auf unerwartete Veränderungen zu reagieren.
Das kann zum Beispiel heißen, dass ein Autist in seinem Studium fachlich gut ist, aber Schwierigkeiten hat, morgens all die kleinen Dinge zu tun, um zur Uni gehen zu können (waschen, anziehen, Frühstück machen und essen, Zähne putzen etc.). Oder dass er Probleme hat, seine Aufgaben rechtzeitig zum Abgabetermin zu erledigen.
Ich betrachte meine Probleme mit exekutiven Funktionen als einen der am meisten behindernden Aspekte meines Autismus. Diese Schwierigkeiten äußern sich auf verschiedene Weise, die alle extrem frustrierend sind. Ich kämpfe seit meiner Kindheit mit exekutiven Funktionen, hatte aber keine Worte, um meine Erfahrungen damit zu beschreiben, bis ich ein Erwachsener Mitte zwanzig war.
Finn Gardiner, autistischer Aktivist
Autismus-Symptome nach Alter und Geschlecht
Autistische Menschen sind ihr Leben lang autistisch. Autismus kann aber unterschiedlich aussehen, und das hängt auch mit Alter und sozialen Gegebenheiten zusammen.
Wenn Jugendliche und Erwachsene noch keine Autismus-Diagnose haben, dann passen sie wahrscheinlich eher in den Teil des Spektrums, der auch Asperger-Syndrom genannt wird. Deshalb beschreibe ich für sie nur die Symptome für das Asperger-Syndrom.
Autismus-Symptome bei Babys
Woran erkennt man Autismus bei Babys?
- soziales Lächeln, mit dem Finger zeigen und andere Formen nonverbaler Kommunikation treten später oder gar nicht auf
- weniger Interesse an sozialer Interaktion
- weniger fantasievolles Spielen
- verspätete Sprachentwicklung
- Stimming, z. B. mit den Händen wedeln, vor sich hinschaukeln, oder sich um sich selbst drehen
- höhere oder niedrigere Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Licht oder Berührungen, oder sensorische Probleme mit Kleidung und Essen.
Ich habe einen Artikel geschrieben, in dem du weitere Autismus-Symptome bei Babys und Kleinkindern findest.
Autismus-Symptome bei Kindern
Wie verhält sich ein autistisches Kind?
Autistische Kinder sind häufig Einzelgänger oder haben ein bis zwei Freundschaften. Sie haben oft sensorische Besonderheiten in Bezug auf Essen, Kleidung, Geräusche oder Licht. Häufig begeistern sie sich sehr für ein bestimmtes Thema oder haben repetitive Verhaltensweisen. Änderungen ihrer Routine finden sie oft schwierig.
Häufig halten sie wenig Blickkontakt, wissen nicht, wie sie ein Gespräch anfangen oder beenden sollen, und verstehen soziale Signale nicht. Im Gespräch stellt man vielleicht fest, dass ihr Verständnis von sozialen Situationen (gemessen an ihrem Alter) wenig ausgeprägt ist.
Einige Kinder im Autismus-Spektrum sprechen nicht oder fangen sehr spät an zu sprechen. Andere haben sprachliche Auffälligkeiten – typisch ist das Vertauschen der Pronomen »du« und »ich« sowie das Wiederholen von zuvor gehörten Wörtern und Sätzen. Einige Kinder im Autismus-Spektrum haben einen großen Wortschatz und sehr gute Grammatik, reden vielleicht etwas altklug oder verwenden eine ungewöhnliche Ausdrucksweise. Vielleicht interpretieren sie Redewendungen wörtlich. Auch der Tonfall und die Sprachmelodie können auffällig sein.
In ihrer Freizeit beschäftigen sie sich möglicherweise intensiv mit sehr spezifischen Interessengebieten oder Aktivitäten, oder sie spielen auf ungewöhnliche und repetitive Weise mit ihrem Spielzeug, z. B. indem das Kind die Räder seiner Spielzeugautos dreht oder die Autos aufreiht, statt »normal« damit zu spielen.
Manche Kinder im Autismus-Spektrum sind ungeschickt, haben einen ungewöhnlichen Gang oder eine ungewöhnliche Haltung. Vielleicht bemerken Eltern und Bezugspersonen Stimming, wie zum Beispiel mit den Händen »flattern«. Manche Kinder mögen aus sensorischen Gründen keine Umarmungen oder leichte Berührungen.
Man findet bei Kindern häufig das Muster, dass sie sich in der Schule sehr bemühen, nicht unangenehm aufzufallen. Das ist sehr anstrengend, und zu Hause, wo sie sich sicher fühlen, entladen sie dann den ganzen Stress.
Hier findest du mehr über Autismus-Symptome bei Kindern.
Autismus-Symptome bei Jugendlichen
Die Pubertät ist eine schwierige Zeit für Jugendliche im Autismus-Spektrum. Sie haben Schwierigkeiten mit den komplexeren Anforderungen an soziale Interaktion. Möglicherweise konzentrieren sie sich sehr auf ihre Interessengebiete. Oft wirken sie unreif und verstehen sich besser mit jüngeren Kindern oder Erwachsenen.
Jugendliche im Autismus-Spektrum beginnen vielleicht später als andere, sich für romantische Beziehungen zu interessieren. Typische Teenager-Themen rund um Mode und Popkultur lassen sie oft unberührt.
Während jüngere Kinder mehr darauf fokussiert sind, miteinander zu spielen, verändert sich die Interaktion während der Pubertät: Jetzt geht es ums Flirten und »cool sein«, die Gruppendynamiken werden komplexer und die Kommunikation wird indirekter. Jugendliche im Autismus-Spektrum tun sich häufig sehr schwer damit, ihre Rolle darin zu finden, ihre eigenen Gefühle und die anderer zu verstehen, oder ihre Gefühle auszudrücken. Vielleicht haben sie Probleme, Sarkasmus, Ironie oder subtile Anspielungen zu verstehen.
Diese Unsicherheiten, ein Außenseiterstatus oder Mobbing können sich negativ auf das Selbstwertgefühl auswirken und zu Ängsten und Depressionen führen.
Autismus-Symptome bei Erwachsenen
- Autistische Erwachsene haben Schwierigkeiten, soziale Signale zu verstehen und haben möglicherweise Probleme, Freundschaften zu schließen und aufrechtzuerhalten. Ihr soziales Netzwerk ist oft klein.
- Manche haben ihr Interessengebiet zu ihrem Beruf gemacht, andere beschäftigen sich in ihrer Freizeit intensiv damit.
- Erwachsene im Autismus-Spektrum haben trotz guter fachlicher Fähigkeiten häufig Probleme, einen Arbeitsplatz zu bekommen oder zu behalten.
- Vielleicht haben Schwierigkeiten, Sarkasmus, Redensarten oder mehrdeutige Aussagen zu verstehen.
- Auch autistische Erwachsene verwenden Stimming (und sind sich dessen häufig selbst nicht bewusst). Viele entwickeln unauffällige Stims oder vermeiden Stimming in der Öffentlichkeit.
- Sie haben häufig Schwierigkeiten, auf unerwartete Änderungen zu reagieren.
- Die Unterschiede in der Wahrnehmungsverarbeitung bestehen weiterhin, können aber abgeschwächt sein. Es hilft auch, dass Erwachsene oft mehr Kontrolle über die sensorischen Reize haben, denen sie ausgesetzt sind – z. B. können sie selbst entscheiden, was sie essen und was sie anziehen.
- Manche Erwachsenen im Autismus-Spektrum haben Schwierigkeiten mit exekutiven Funktionen, z. B. dem Planen, Organisieren und Ausführen von Aufgaben. Deshalb kann es schwierig für sie sein, selbständig zu leben – was aber nicht heißt, dass es nicht möglich ist.
- Wegen dieser Probleme haben autistische Erwachsene ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen.
- Probleme in der Kommunikation mit Ärzt*innen und der Navigation des Gesundheitssystems können sich negativ auf ihre gesundheitliche Versorgung auswirken.
- Studien zeigen, dass Menschen im Autismus-Spektrum genauso an romantischen Beziehungen interessiert sind wie andere. Die Mehrheit autistischer Erwachsener hat Erfahrungen mit Liebesbeziehungen. Diese Beziehungen können zwar gewisse Herausforderungen darstellen, aber die meisten Autist*innen bewerten ihre Beziehung als positiv.
Erst als ich 23 war, ging ich zu einer Therapeutin, die mich darauf hinwies, dass ich möglicherweise autistisch war. Ich bin mir sicher, ich hätte bezüglich meiner Ängste als Kind mehr Unterstützung bekommen und hätte weniger unter psychischen Problemen gelitten, wenn ich die Diagnose früher gehabt hätte. Ich habe meine autistischen Züge oft kaschiert, und ich denke, wenn ich gewusst und verstanden hätte, was sie waren, hätte ich mehr ich selbst sein können.
Hannah Belcher, autistische Autismus-Forscherin
Autismus-Symptome bei Mädchen und Frauen
Autismus kann bei Mädchen und Frauen anders aussehen als bei männlichen Autisten, aber dadurch wird er nicht weniger real.
Autistischen Mädchen und Frauen gelingt es möglicherweise eher, ihre sozialen Schwierigkeiten zu verbergen (»Masking«), und sie lassen sich eher auf soziale Beziehungen ein als autistische Männer. Sie investieren oft viel Energie darin, soziale Kompetenzen und Kompensationsstrategien zu erlernen und sich anzupassen. Die Anzeichen für Autismus werden bei ihnen oft übersehen.
Sie nutzen eher nonverbale Kommunikation, wie z. B. Mimik, um ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken, und sind eher in der Lage, ihre Emotionen zu erkennen und auszudrücken, und geben sich große Mühe, um zu erkennen, wie sich andere fühlen.
Dass Autistinnen ihre Schwierigkeiten eher verbergen können, ist einer der Gründe dafür, dass bei ihnen seltener die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung gestellt wird als bei männlichen Autisten.
Das »Maskieren« hat seinen Preis: Bei Mädchen und Frauen im Autismus-Spektrum treten häufiger Begleiterkrankungen wie Angstzustände, Depressionen und Essstörungen auf.
Diese Unterschiede zwischen autistischen Frauen und Männern sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf die unterschiedliche Sozialisierung und die unterschiedlichen gesellschaftlichen Erwartungen an die Geschlechter zurückzuführen. Zudem sind die Unterschiede keinesfalls absolut, sondern nur eine Tendenz. Insofern wird man diese Merkmale auch bei einigen autistischen Männern und nicht-binären Autist*innen finden.
Ergibt also die Summe der Anzeichen und Symptome die Diagnose Autismus? Noch nicht ganz, denn die Symptome müssen auch zu Beeinträchtigungen führen – zum Beispiel in der Schule, der Arbeitswelt, Familie und Freizeit. Wer aber auf der Suche nach einer Diagnose ist, hat diese Beeinträchtigungen im Allgemeinen, auch wenn es von außen nicht immer unmittelbar ersichtlich ist.
Autismus-Test
Ein Online-Test kann nicht sicher sagen, ob du, dein Kind oder eine andere Person autistisch bist. Ich verstehe aber das Bedürfnis nach Antworten auf diese Fragen.
Du findest deshalb auf dieser Seite Autismus-Tests für verschiedene Altersstufen, vom Kleinkind bis zum Erwachsenen.
Die Tests können keine Diagnose stellen und geben keine definitive Antwort. Sie können aber sagen, ob Autismus wahrscheinlich ist oder nicht – dafür sind sie wissenschaftlich validiert.
Diagnose Autismus-Spektrum-Störung
Die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung wird anhand des Verhaltens gestellt. Dazu gehören Gespräche, Beobachtung des Verhaltens und standardisierte Testverfahren wie ADOS und ADI-R. Möglicherweise kommen weitere Tests zum Einsatz, zum Beispiel, um das Intelligenz- und Entwicklungsniveau einzuschätzen.
Im Rahmen der Autismus-Diagnostik ist es wichtig, andere Diagnosen auszuschließen. Das nennt man Differenzialdiagnose. Welche Differenzialdiagnosen abgeklärt werden müssen, ist unterschiedlich, bei Kindern sind es andere als bei Erwachsenen. Bei einem dreijährigen nicht-sprechenden Mädchen müssen zum Beispiel Hörprobleme, eine isolierte Sprachentwicklungsverzögerung und andere Entwicklungsstörungen wie das Rett-Syndrom abgeklärt werden. Wenn ein dreißigjähriger Erwachsener zur Diagnostik kommt, müssen zum Beispiel Persönlichkeitsstörungen abgeklärt werden.
Manchmal treffen mehrere Diagnosen zu. Ärzt*innen sprechen dann von Komorbiditäten. Manche Menschen im Autismus-Spektrum haben zusätzlich eine Lernbehinderung oder spezifische Lernschwierigkeiten. Auch AD(H)S und Epilepsie sind Diagnosen, die gehäuft zusammen mit Autismus gestellt werden. Eine oft unbeachtete Störung, die viele Autist*innen belastet, ist die Schlafstörung, zum Beispiel Probleme beim Ein- oder Durchschlafen.
Andere Autisten haben psychische Störungen, am häufigsten Angststörungen und Depression. Diese Störungen hängen nicht ursächlich mit Autismus zusammen, sondern indirekt: Viele Menschen im Autismus-Spektrum erfahren Ausgrenzung, Mobbing und eine (für sie) unberechenbare soziale Welt. Nicht-autistische Menschen mit diesen Lebenserfahrungen haben ebenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit für psychische Störungen.
Häufigkeit von Autismus
Aktuell gehen Wissenschaftler*innen davon aus, dass ca. 1-3 % der Menschen autistisch sind.
Eine systematische Übersichtsarbeit der weltweiten Prävalenz von Autismus bei Kindern wertete Studien aus, die zwischen 2012 und 2021 veröffentlicht wurden. Die mittlere Prävalenz war 1 %.
Die Prävalenz war bei den neueren Studien tendenziell höher als bei den etwas älteren. Zudem war die Prävalenz in ärmeren Ländern niedriger, weshalb der Mittelwert von 1 % wahrscheinlich etwas zu niedrig ist.
Laut den CDC (Centers for Disease Control) wurde in den USA ein Kind von 44 mit Autismus-Spektrum-Störungen diagnostiziert. Das sind 2,3 %.
Das würde bedeuten, dass in Deutschland fast zwei Millionen Menschen autistisch sind.
Früher galt Autismus als sehr selten. Im Laufe der Jahre wurden dann immer mehr Menschen als autistisch erkannt. Diese Menschen gab es früher aber auch schon.
Die steigenden Prävalenz-Zahlen in Studien spiegeln keinen tatsächlichen Anstieg der Häufigkeit von Autismus wider, sondern zeigen nur, dass Autismus inzwischen anders definiert und besser erkannt wird. Mehr dazu findest du im Artikel Drei Gründe, nicht an eine Autismus-Epidemie zu glauben.
Ursachen von Autismus
Autismus ist neurologisch bedingt, das heißt, dass bei Autist*innen das Gehirn anders funktioniert. Die Ursachen dafür sind hauptsächlich genetische Faktoren. Es gibt kein einzelnes Gen, das mit Autismus in Verbindung gebracht wird, sondern sehr viele. Die meisten Arbeiten in diesem Bereich sind bisher statistischer Natur – es ist noch unklar, welche Unterschiede diese Genvarianten tatsächlich bewirken.
Studien zufolge ist Autismus zu ca. 80 % genetisch bedingt.
Das Asperger-Syndrom war wahrscheinlich über die ganze Evolutionsgeschichte hinweg eine wichtige und wertvolle Eigenschaft unserer Spezies.
Tony Attwood, klinischer Psychologe und Autismus-Experte
Es gibt weitere, bisher unbekannte Ursachen, die eine gewisse (untergeordnete) Rolle spielen. Diese nicht-erblichen Faktoren nennt man Umweltfaktoren. Unter Umweltfaktoren stellt man sich oft Umweltgifte vor, in der Wissenschaft wird der Begriff aber sehr viel breiter verwendet. Als mögliche Umweltfaktoren für Autismus werden zum Beispiel genannt:
- Frühgeburtlichkeit
- bestimmte Komplikationen bei der Geburt
- fortgeschrittenes Alter der Eltern
- Schwangerschaftsdiabetes
- Infektionen während der Schwangerschaft
- und viele weitere.
Keiner dieser Umweltfaktoren konnte je definitiv als Ursache bewiesen werden.
Sicher ausschließen kann man, dass Impfungen autistisch machen würden. Diese Annahme basierte auf einer gefälschten Studie von Andrew Wakefield und wurde seither vielfach widerlegt.
Kann Autismus vererbt werden?
Autismus kann vererbt werden. Wenn ein Kind autistisch ist, hat ein Geschwisterkind eine Wahrscheinlichkeit von 20 bis 30 %, ebenfalls autistisch zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein autistischer Elternteil Autismus vererbt, dürfte ebenfalls etwa in diesem Bereich liegen.
Die Vererbung von Autismus ist jedoch komplex, weil zahlreiche Gene beteiligt sind. Viele Kinder im Autismus-Spektrum haben nicht-autistische Eltern, aber bei näherem Hinsehen findet man vielleicht autistische Züge bei der Großmutter, einem Onkel oder anderen Verwandten.
Autismus-Therapien und Herangehensweisen
Es gibt keine Behandlung und keine Medikamente, die Autismus verschwinden lassen. Viele Menschen im Autismus-Spektrum wollen auch nicht nicht-autistisch sein.
Autismus-Therapien haben unterschiedliche Ziele:
Manche wollen Autismus unsichtbar machen. Dazu gehört zum Beispiel ABA .
ABA (Applied Behavior Analysis) ist eine Behandlung, die das erklärte Ziel hat, autistische Kinder ununterscheidbar von nicht-autistischen Kindern zu machen. ABA ist eine Form von Verhaltenstherapie, die Konditionierung verwendet, um das gewünschte Verhalten hervorzurufen und unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass man das Kind dazu bringt, Stimming zu unterdrücken.
Das ist aber nicht gut für das Kind. Therapien, die autistische Kinder trainieren, möglichst normal zu wirken, schaden deren psychischer Gesundheit. Ich rate deshalb ausdrücklich davon ab.
(Hinweis: Es gibt andere verhaltenstherapeutische Herangehensweisen wie kognitive Verhaltenstherapie, die nicht prinzipiell schlecht sind. Je nach Ziel kann eine solche Therapie hilfreich oder schädlich sein.)
Wenn ich mit den Fingern schnippen könnte und nicht mehr autistisch wäre, ich würde es nicht tun. Autismus ist Teil dessen, was ich bin.
Temple Grandin, autistische Professorin für Tierzuchtwissenschaft
Andere Therapien zielen auf Lebensqualität und das Erlernen neuer Fähigkeiten. Und das ist ein viel besseres Ziel.
Logopädie befasst sich mit der Entwicklung von Sprache und Kommunikation und kann bei einer Störung der Sprachentwicklung hilfreich sein. Das umfasst auch Unterstützte Kommunikation, d.h. zum Beispiel Verständigung mittels Gebärdensprache, Bildkarten oder Tippen am Computer. Seine Wünsche und Bedürfnisse äußern zu können und seine Gedanken teilen zu können, wenn man es möchte, ist für alle Menschen wichtig. Menschen Möglichkeiten zu geben, zu kommunizieren, ist ein gutes und wichtiges Ziel.
›Wie heile ich Autismus, damit Klein-Timmy sprechen kann?‹ ist eine andere Frage als ›Wie kann ich Timmy helfen, seine Gedanken und Wünsche einfacher zu kommunizieren, auf eine Art, die andere Menschen verstehen?‹
Sara Luterman, autistische Journalistin
Ergotherapie kann ganz verschiedene Therapien umfassen, zum Beispiel Sensorische Integrationstherapie oder das Erlernen bestimmter lebenspraktischer Fähigkeiten.
TEACCH (Treatment and Education of Autistic and Related Communication Handicapped Children) legt Wert auf Struktur, zum Beispiel in der Umgebung, in vorhersehbaren Abfolgen von Aktivitäten, visuellen Zeitplänen und visuell strukturierten Aktivitäten.
Psychotherapie behandelt nicht Autismus, kann Autisten aber helfen, im Leben besser zu zurechtzukommen. Aufgrund negativer Lebenserfahrungen haben viele Menschen im Autismus-Spektrum psychische Störungen, die in einer Psychotherapie behandelt werden können. Im Rahmen einer Psychotherapie kann man auch soziale Kompetenzen erlernen.
Es gibt Ansätze, Psychotherapie zugänglicher zu machen für Kinder und Erwachsene im Autismus-Spektrum, für die es oft schwierig ist, zum Beispiel ihre Gefühle zu kommunizieren. Leider sind diese in Deutschland und vielen anderen Ländern wenig bekannt, und so ist es bei einer Psychotherapie immer ein wenig Glückssache, an wen man gerät.
Es gibt weitere Herangehensweisen, die sich darauf zielen, etwas zu lehren und zu lernen. Dazu gehören zum Beispiel Kurse für Eltern und andere Bezugspersonen, Sozialkompetenzkurse oder Kurse zum selbständigen Wohnen. Prinzipiell sind das sinnvolle Herangehensweisen, auch wenn die Umsetzung manchmal besser sein könnte. Denn natürlich kommt es darauf an, was man dort lernt. Es gibt Elterntrainings, in denen Eltern im Wesentlichen lernen, ihr Kind mit ABA zu dressieren, und das ist bitter.
Einem autistischen Kind kann man nur helfen, wenn man ernsthaft versucht, die Welt aus seiner Sicht zu sehen.
Lorna Wing, Autismus-Forscherin
Außer den genannten Therapien gibt es noch eine Vielzahl weiterer. Für viele ist keine Wirksamkeit nachgewiesen, einige sind schädlich oder sogar gefährlich, manche sind gut.
Es gibt keine Medikamente zur Behandlung von Autismus. Manchmal werden Psychopharmaka gegen eine Störung eingesetzt, die bei einer autistischen Person ebenfalls auftreten, zum Beispiel eine Phobie oder Zwangsstörung. Bei dieser Behandlung muss die Wirkung aufmerksam beobachten, weil diese Medikamente bei Autist*innen stärker oder schwächer wirken können, und mehr Nebenwirkungen auftreten können.
Glaube nicht, dass sich hinter dem Autismus ein anderes, besseres Kind ›versteckt‹. Das ist dein Kind. Liebe das Kind, das vor dir steht. Ermutige seine Stärken, feiere seine Eigenarten und arbeite mit ihm an seinen Schwächen, so wie du es mit jedem anderen Kind auch tun würdest.
Claire, Mutter eines autistischen Sohns
Typische Herausforderungen und mögliche Unterstützung für autistische Menschen
Es ist schwierig, autistisch zu sein in einer nicht-autistischen Welt. Deshalb brauchen Autist*innen Hilfe.
Die Tragödie des Autismus liegt nicht begründet in dem, was wir sind, sondern in dem, was mit uns passiert. Das Tragische ist nicht, dass wir hier sind, sondern dass eure Welt keinen Platz für uns hat.
Jim Sinclair
Eurer Welt mangelt es an Offenheit für uns, wir schaffen es nicht ohne eure Unterstützung.
Ist Autismus eine Behinderung?
Autismus ist eine Behinderung entsprechend der Definition im Sozialgesetzbuch. Menschen im Autismus-Spektrum mit einem Schwerbehindertenausweis können deshalb in Deutschland bestimmte Leistungen und Hilfen als Nachteilsausgleich bekommen.
Dazu gehören steuerliche Nachteilsausgleiche und Freifahrt mit der Deutschen Bahn, teilweise auch mit dem öffentlichen Nahverkehr. Was man im Einzelfall bekommen kann, hängt vom Grad der Behinderung (GdB) ab und von eventuellen Merkzeichen.
Kindergarten und Schule
Bei Kindern im Autismus-Spektrum ist es nicht einfach zu entscheiden, welche Kita oder Schule geeignet ist – zumal das Prinzip der Inklusion in Deutschland immer noch ungenügend umgesetzt ist.
Viele Kitas und Schulen nehmen heutzutage Kinder mit Behinderung auf, und viele Kinder im Autismus-Spektrum gehen in Regelschulen und -Kindergärten. Alternativ gibt es weiterhin Förderschulen und Kindergärten. Welche Kita oder Schule am besten geeignet ist, kann man nur individuell entscheiden.
Was macht eine gute Schule oder Kita für autistische Kinder aus?
Einige Aspekte dafür sind:
- Eine Schule sollte prinzipiell in der Lage sein, das Kind entsprechend seines intellektuellen Potentials zu fördern. Ein Kind, dass aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten aufs Gymnasium gehört, sollte in der Regel auch dorthin gehen.
- Es sollte bei Lehrkräften und Erziehenden entweder ein Grundwissen über Autismus vorhanden sein oder die Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen.
- Möglicherweise muss die Umgebung angepasst werden (weniger reizintensiv, Rückzugsmöglichkeiten).
- Ein klar strukturierter Tagesablauf hilft autistischen Kindern. In der Schule brauchen sie möglicherweise Unterstützung mit unstrukturierten Zeiten wie Pausen.
- Kinder im Autismus-Spektrum brauchen möglicherweise Hilfe dabei, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen. Manchmal hilft es, den anderen Kindern Informationen über Autismus zu geben. Autistische Kinder sind überdurchschnittlich häufig von Mobbing betroffen, deshalb sollte die Schule ein gutes Anti-Mobbing-Konzept haben.
Bei manchen Kindern kann eine Inklusionsassistenz (»Schulbegleitung«) sinnvoll und notwendig sein.
Studium
Viele Autist*innen bringen zwar die intellektuellen und fachlichen Kompetenzen für ein Studium mit, haben aber Schwierigkeiten mit anderen Aspekten des Studiums: mit der Studienorganisation, der Organisation des Alltags, der Kommunikation mit Lehrenden und Mitstudierenden sowie Referate und mündliche Prüfungen. Trotzdem kann ein Studium für Autist*innen sehr wertvoll sein.
Ausbildung, Arbeit und Beruf
Viele Autist*innen haben sehr gute fachliche Kompetenzen in ihrem Beruf. Was schwierig sein kann, ist zum Beispiel Kundenkontakt, Smalltalk mit Kolleginnen, unklare Kommunikation von Vorgesetzten oder Teammitgliedern und ähnliches. Sie können im Vorstellungsgespräch oft nicht überzeugen und finden deshalb häufig keine Arbeitsstelle. Manche arbeiten in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Leider gibt es in Deutschland bei weitem nicht genug Unterstützungsangebote für die berufliche Integration autistischer Menschen.
Damit autistische Menschen in dieser Welt erfolgreich sein können, müssen sie ihre Stärken finden und Menschen, die ihnen helfen, ihre Hoffnungen und Träume zu verwirklichen. Um das zu tun, muss man in der Lage sein, Freundschaften zu schließen und aufrechtzuerhalten. Unter diesen Freund*innen müssen Mentor*innen sein, die ihnen den Weg dorthin zeigen. Wir als Gesellschaft müssen eine unterstützende Umgebung schaffen, wo sie aus ihren Fehlern lernen können.
Bill Wong, autistischer Ergotherapeut
Wohnen und Alltag
Wohnen ist ein wichtiges Thema, und lange Zeit gab es hier nur die Wahl, entweder im Heim zu leben oder komplett allein zurechtzukommen. Inzwischen gibt es weitere Unterstützungsangebote wie »Autisten-WGs«, ambulant betreutes Wohnen, Wohntrainings etc.
Gesundheit
Studien zur Gesundheit von Menschen im Autismus-Spektrum zeigen zahlreiche Problemfelder auf:
- Sie sterben durchschnittlich 16 Jahre früher als die allgemeine Bevölkerung.
- Autist*innen mit kognitiver Behinderung sterben sogar mehr als 30 Jahre früher als der Durchschnitt.
- Autist*innen haben im Schnitt ein 44% höheres Risiko, im Krankenhaus zu sterben – bei manchen Krankheiten ist das Risiko deutlich stärker erhöht.
- Sie haben ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen, für neurologische Krankheiten, insbesondere Epilepsie, und andere Erkrankungen wie Diabetes und Herzerkrankungen.
Diese Forschung zur Gesundheit von Autist*innen ist neu und die Ursachen für die Situation sind noch nicht abschließend geklärt. Mehrere Studien zeigen aber, dass das Gesundheitssystem für Autistinnen nicht barrierefrei zugänglich ist.
Mehr Informationen zu Autismus und Gesundheit.
Umgang mit autistischen Menschen
Autist*innen sind sehr unterschiedlich, und der Kontakt wird auch stark davon bestimmt, in welcher Beziehung du zu ihnen stehst.
Hier sind einige allgemeine Tipps zum Umgang mit Menschen im Autismus-Spektrum:
- Es kann sinnvoll sein, die Person mit Namen anzusprechen, damit sie weiß, dass du mit ihr sprichst.
- Verwende eine klare, eindeutige Sprache. Vermeide Slang, Redewendungen, Übertreibungen oder vage Andeutungen. Formuliere deine Worte so, dass sie ohne Körpersprache oder Zwischentöne verständlich sind.
- Ziehe in Betracht, wie laut oder belebt die Umgebung ist, in der ihr euch befindet. Unterschiede in der Wahrnehmungsverarbeitung bestimmen, wie viel Input jemand verarbeiten kann.
- Gib deinem Gegenüber genug Zeit, das Gesagte zu verarbeiten und darauf zu antworten.
- Nimm dir Zeit, zuzuhören. Wenn du etwas nicht verstehst, frage nach.
- Lass dich nicht irritieren von fehlendem Blickkontakt. Die Person kann zuhören, ohne dich anzusehen.
- Bringe in Erfahrung, welche Interessen oder Hobbys die Person hat, und versuche, welche zu finden, die ihr beide gemeinsam habt.
- Spezifische Fragen sind einfacher zu beantworten. Statt »Wie geht’s?« oder »Wie war dein Tag?«, stelle eher spezifische Fragen wie »Hat dir das Essen geschmeckt?« oder »War es dir im Bus zu laut?«
- Wenn du mit einem erwachsenen Autisten spricht, sprich ihn als Erwachsenen an, nicht als Kind.
- Sprich nicht über Autist*innen, als ob sie nicht im Raum wären. Gehe immer davon aus, dass sie dich hören und verstehen, auch wenn sie nicht den Eindruck machen.
Prognose: Autismus im Verlauf des Lebens
Autist*innen bleiben ihr Leben lang autistisch. Was sich verändern kann, sind die Symptome von Autismus.
Eltern fragen sich oft, ob ihr Kind später allein leben kann, arbeiten wird, und vielleicht auch eine Partnerschaft und Kinder haben wird.
Die Antwort auf diese Fragen ist: Es ist unterschiedlich.
Es gibt wenig gute Daten zu der Frage, wie sich ein autistisches Kind entwickeln wird. Vor 30 Jahren wurden deutlich weniger Kinder als autistisch diagnostiziert und diese waren stärker behindert. Die Daten aus Langzeitstudien lassen deshalb nicht ohne weiteres auf heutige Kinder übertragen.
Heute werden auch wesentlich mehr Kinder im Autismus-Spektrum inklusiv beschult und es gibt neue Herangehensweisen, um sie zu fördern.
Sprachliche, kognitive und soziale Fähigkeiten eines Kindes ermöglichen eine ungefähre Einschätzung, wie viel Unterstützungsbedarf sie als Erwachsene haben werden. Das bezieht sich aber auf statistische Durchschnittswerte, einzelne Personen können davon deutlich abweichen.
Nicht sprechende, stark autistische Kinder mit kognitiver Behinderung werden als Erwachsene wahrscheinlich nicht allein leben können.
Intelligente Kinder mit guten sprachlichen Fähigkeiten werden wahrscheinlich die Schule und vielleicht ein Studium abschließen und allein leben. Eine Arbeitsstelle zu finden und zu behalten, kann eine große Herausforderung sein, aber es ist möglich. Vielleicht werden sie eine Familie gründen. Wahrscheinlich brauchen sie in schwierigen Phasen ihres Lebens Unterstützung – aber wer braucht das nicht?
Es ist nichts Schlechtes, Hilfe zu brauchen – wichtig ist die Lebensqualität. Wir müssen unterstütztes Wohnen so selbstbestimmt wie möglich organisieren. Wer in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeitet, muss Arbeitnehmerrechte haben. Wir brauchen Orte, an denen Autist*innen einander treffen können.
Die Geschichte von Autismus
Nach heutigem Wissensstand geht man davon aus, dass es Autist*innen gibt, seit es Menschen gibt. Es dauerte aber lange, bis die spezifischen Muster autistischer Verhaltensweisen erkannt und benannt wurden.
1910 prägte Eugen Bleuler den Begriff »Autismus«, meinte damals aber etwas ganz andere als das, was wir heute darunter verstehen, nämlich eines der Symptome seines neuen Konzepts der Schizophrenie. Er leitete es vom griechischen Wort autós, wörtl. «Selbst« ab und sprach vom »autistischen Rückzug des Patienten auf seine Fantasien, gegen den jeder Einfluss von außen zu einer unerträglichen Störung wird«.
1925 und 1926 veröffentlichte die sowjetische Kinderpsychiaterin Grunya Suchareva Beschreibungen autistischer Kinder. Sie sprach von »schizoiden Psychopathien im Kindesalter«, aber ihre Beschreibungen stimmen gut mit denen für die Autismus-Spektrum-Störung im DSM-5 überein. Suchareva glaubte nicht, dass es sich um eine Form der Schizophrenie handelt. Ihre Arbeiten blieben unbekannt.
1938 übernahm der österreichische Kinderarzt Hans Asperger Bleulers Begriff »autistische Psychopathen« in einem Vortrag und in einer im selben Jahr veröffentlichten Arbeit. Asperger untersuchte vor allem eine Form des Autismus, die später als Asperger-Syndrom bekannt wurde. 1944 veröffentlichte er seine Doktorarbeit über die »Autistischen Psychopathen im Kindesalter«; sie blieb lange weithin unbekannt. Es gibt die Vermutung, dass Asperger wahrscheinlich von Sucharevas Arbeit wusste.
Es scheint uns, als wäre für gewisse wissenschaftliche oder künstlerische Höchstleistungen ein Schuss ´Autismus´ geradezu notwendig.
Hans Asperger
1943 führte Leo Kanner, ein US-amerikanischer Kinderpsychiater, die Bezeichnung frühkindlicher Autismus ein, als 11 Kinder mit auffälligen Verhaltensähnlichkeiten in seinem Aufsatz »Autistic Disturbances of Affective Contact« beschrieb. Kanners Arbeit wurde bekannt und er galt lange als der Erstbeschreiber von Autismus. Erst 2015 wurde bekannt, dass Kanner von Aspergers Arbeit gewusst hatte.
Die 1950er Jahre waren geprägt von der »Kühlschrankmutter«-Theorie, die auf der Vorstellung basierte, dass autistische Verhaltensweisen auf die emotionale »Frigidität«, den Mangel an Wärme und das kalte, distanzierte und abweisende Verhalten der Mutter des Kindes zurückzuführen wären.
Ab den 1960er Jahren, der Blütezeit des Behaviorismus, wurde ABA in den Vereinigten Staaten in großem Umfang bei Kindern im Autismus-Spektrum angewandt.
1976 stellte die britische Forscherin Lorna Wing fest, dass es viele Menschen mit autistischen Zügen gibt, die über gute Sprachkenntnisse verfügen. Sie prägte dafür den Begriff »Asperger-Syndrom«.
Lorna Wing betonte immer, dass das Asperger-Syndrom ein Teil des Autismus-Spektrums war. Die Bezeichnung Asperger-Syndrom wählte sie, weil der Begriff Autismus mit ganz bestimmten Vorstellungen (und Stigma) verbunden war, und Personen mit Asperger-Syndrom diesen Vorstellungen nicht entsprachen. Sie wollte damit einen Raum schaffen, um über diesen Teil des Spektrums zu sprechen.
1979 prägten Wing und Judith Gould den Begriff »Autismus-Spektrum«, um zu zeigen, wie groß die Unterschiede zwischen autistischen Zügen bei verschiedenen Menschen sind.
1981 veröffentlichte Wing eine Reihe von Fallstudien zum Asperger-Syndrom, die das Bewusstsein für die Existenz normal- und hochintelligenter Autisten erheblich steigerte.
1988 erschien der Film Rain Man, der die Vorstellung der Öffentlichkeit von Autismus stark beeinflusste – so stark, dass die meisten heutigen Stereotype über Autismus in diesem Film zu finden sind.
Seit den 1990er Jahren stieg das Bewusstsein für Autismus zunehmend an. Die diagnostischen Kriterien wurden überarbeitet und erweitert, das Asperger-Syndrom wurde zur offiziellen Diagnose und später Teil des Autismus-Spektrums. Autist*innen begannen, sich zu organisieren – vor allem dank des Internets.
Autistic Pride und Neurodiversität
Jim Sinclair gilt als die erste Person, die in den späten 80er Jahren die Ansicht vertrat, dass man nicht versuchen sollte, Autismus zu heilen.
1992 war Sinclair Mitbegründer des Autism Network International, einer Organisation, die Newsletter von und für Autist*innen veröffentlichte. Daraus entwickelte sich die Bewegung für die Rechte autistischer Menschen.
1998 prägten die Soziologin Judy Singer und die autistische Interessenvertreterin Jane Meyerdin den Begriff »Neurodiversität«. Neurodiversität ist die Idee, dass Menschen anders denken können als die Norm, ohne dass diese Unterschiede notwendigerweise ein medizinisches Problem darstellen.
2005 wurde zum ersten Mal der Autistic Pride Day gefeiert. Autistic Pride weist darauf hin, dass autistische Menschen schon immer ein wichtiger Teil der menschlichen Gesellschaft waren, und dass es in Ordnung ist, autistisch zu sein.
Es gab Zeiten, als ich dagegen gekämpft habe. Ich wollte nicht anders sein. Aus heutiger Sicht und meiner persönlichen Perspektive, wenn man mir eine Heilung anbieten würde: Nein, danke.
Chris Packham, autistischer Naturforscher, Naturfotograf, Fernsehmoderator und Autor
Diese Bewegungen setzen sich dafür ein, Autismus als einen Teil menschlicher Vielfalt zu akzeptieren und die Gesellschaft inklusiv und autismusgerecht zu gestalten, anstatt zu versuchen, Autismus zu heilen.
Menschen sind wertvoll, unabhängig davon, ob sie besondere Fähigkeiten haben oder nicht. Wenn die Gesellschaft uns nur akzeptiert, weil wir hin und wieder etwas Cooles können, dann sind wir nicht akzeptiert.
Ari Ne’eman
Quellen und Studien
- American Psychiatric Association, D., & American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders: DSM-5 (Vol. 5, No. 5). Washington, DC: American psychiatric association.
- AWMF-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 1: Diagnostik. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.
- AWMF-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 2: Therapie. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.
- Asperger H. (1938). »Das psychisch abnormale Kind«. Wiener Klinische Wochenschrift. 51: 1314–1317.
- Asperger, H. (1944). Die „Autistischen Psychopathen” im Kindesalter. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, 117(1), 76-136.
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Zuletzt bearbeitet am 15.06.2024.
Linus Mueller befasst sich seit 20 Jahren mit Autismus. Er hat hat sein Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Magisterarbeit über Autismus und Gender abgeschlossen und in mehreren Autismus-Organisationen gearbeitet, bevor er Autismus-Kultur gründete. Linus ist selbst autistisch und Vater eines fabelhaften Kindes. Mehr über Linus